Partner fürs Leben? Die Östliche Partnerschaft der EU auf dem Prüfstand

Die EU sollte sich zu einem “Status Quo Plus” bewegen, der auf vorhandenen Engagement mit den östlichen Nachbarn aufbaut

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Ende November findet das 5. Gipfeltreffen der Östlichen Partnerschaft in Brüssel statt. Dem Programm gehören seit seiner Gründung 2008 die sechs ehemaligen Sowjetstaaten Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Georgien, Moldawien und die Ukraine an. Eigentlich soll das Programm die Staaten in ihrem demokratischen Wandel unterstützen. Doch es hat kaum grundlegende politische und wirtschaftliche Reformen angestoßen, die der EU und den Partnerstaaten genutzt hätten.

Gleichzeitig wird die Partnerschaft von populistischen und realpolitischen Stimmungen in der EU bedroht: Anfang des Jahres haben niederländische Populisten Angst vor ukrainischen Arbeitsmigranten geschürt und im April ein Referendum zum Assoziierungsabkommen mit der Ukraine angezettelt. Die Niederländer lehnten das Abkommen mehrheitlich ab und dämpften so die Aussicht der Ukraine auf eine EU-Mitgliedschaft. Auch Ungarn drohte kürzlich, das ukrainische EU-Assoziierungsabkommen zu überprüfen, das aus Sicht von Budapest ethnische Minderheiten in der Ukraine benachteiligt.

Realpolitische Beobachter bemängeln, dass der Reformfortschritt der Östlichen Partnerschaft inzwischen quasi zum Erliegen gekommen ist. Gleichzeitig schaffe es die EU nicht, Sicherheit in der Region zu garantieren. Zudem häufen sich Stimmen, die russische “Einflusszone” in der Region zu akzeptieren, um Konflikte zu reduzieren und Stabilität zu verbessern. Die Ziele der Östlichen Partnerschaft werden häufig herunterspielt, die Partnerstaaten eher als unabhängige Pufferstaaten angesehen statt als potenzielle EU-Mitglieder.

Es wäre ein Fehler, nicht das volle Potenzial der Östlichen Partnerschaft auszuschöpfen, meint Andrew Wilson in dieser Studie. Russland braucht den Konflikt mit dem Westen aus innenpolitischen Gründen, egal ob dieser Konflikt wirklich existiert oder nicht. Aus diesem Grund wird sich die Stabilität in der Region nicht verbessern, wenn die EU die Ziele seines Engagements im Osten verwässern lässt, so Wilson.

Stattdessen sollte die EU mit der Östlichen Partnerschaft auf Kurs bleiben. Dafür müssen keine neuen Richtlinien geschaffen werden, aber grundlegende Reformen können immer noch Fortschritte erzielen, ohne dass neue Ressourcen oder Initiativen ins Leben gerufen werden müssen.

Die EU sollte auf die Umsetzung bürgernaher Reformen pochen, empfiehlt die Studie. Das könnte zum Beispiel die Visafreiheit oder die Abschaffung von Roaming-Gebühren sein. Die EU kann sich auch bei der Umsetzung von Reformvorhaben beteiligen, in dem sie eine “Rückzahlungsklausel” einführt, bei der EU-Gelder zurückgenommen werden, falls bestimmte Reformziele nicht erreicht werden. Und die EU kann der Ukraine bei seiner Energieunabhängigkeit helfen, indem sie das Land in die Fernleitungsnetze ENTSOG (Gas) und ENTSOE (Elektrizität) integriert.

Wichtig wäre auch, dass die EU sich öffentlich mit den Reformern in der Region solidarisiert, um diese mit dem nötigen politischen Kapital auszustatten. Die EU muss sich außerdem gegen die demokratische Aushöhlung innerhalb der Union stellen, vor allem in Grenzstaaten wie Ungarn. Nur so kann die EU die Forderung nach nachhaltiger Demokratisierung in der östlichen Nachbarschaft glaubwürdig vertreten.

Der European Council on Foreign Relations vertritt keine gemeinsamen Positionen. ECFR-Publikationen geben lediglich die Ansichten der einzelnen Autor:innen wieder.