Den Oslo-Prozess neu denken: Was Europa zum Frieden für Israel & Palästina beitragen kann

Die Oslo-Abkommen haben Israels schleichende Besatzung palästinensischer Gebiete im Westjordanlands gedeckt und palästinensische Selbstbestimmung ausgehöhlt

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Der jüngste Konflikt um Sicherheitskontrollen am Tempelberg hat den schwelenden Konflikt zwischen Israel und Palästina wieder einmal eskalieren lassen. Die gewalttätigen Auseinandersetzungen haben Palästinenserpräsident Mahmud Abbas dazu bewogen, die Kontakte mit Israel auf allen Ebenen vorübergehend auszusetzen.

Die strukturellen Mängel des Osloer Friedensprozesses müssen jetzt behoben werden, sonst setzt sich der Nahostkonflikt auf unbestimmte Zeit fort, warnt dieser neue Bericht Rethinking Oslo: How Europe can promote peace in Israel-Palestine.

Die Oslo-Abkommen haben es Israel erst ermöglicht, den Besatzungszustand weiter zu verankern und zu diesem untragbaren Zustand beigetragen, argumentieren die Autoren des Papiers, Hugh Lovatt und Omar Dajani. Das Friedensabkommen, das zunächst für fünf Jahre geplant war, habe dazu beigetragen, die schleichende Annexion des Westjordanlandes politisch zu decken und zugleich die Möglichkeit der palästinensischen Selbstbestimmung ausgehöhlt.

Eine Zwei-Staaten-Lösung bleibt nach wie vor die bevorzugte Lösung beider Konfliktparteien, erklären die Autoren. Europa sollte allerdings sein Engagement zur Lösung des Nahostkonflikts verstärken, wenn es zur Wiederaufnahme von ernsthaften Friedensgesprächen zwischen den beiden Staaten beitragen möchte.

Die Forderungen der Autoren: Europa muss mehr politisches Kapital investieren, um Israel zu einer Beendigung der Völkerrechtsverletzungen zu drängen. Es sollte zudem Palästina mehr finanzielle Unterstützung im Aufbau von Souveränität geben, anstatt allein auf Kapazitätsaufbau zu setzen.Die EU sollte sich auf folgende Grundsätze einigen:

  1. die Ablehnung der formalisierten Diskriminierung von Palästinensern in den besetzten Gebieten;
  2. eine scharfe Verurteilung der israelischen Besatzung;
  3. eine geeinte Haltung zur israelischen Verletzung des jus ad bellums (Gesetz über den Einsatz von Gewalt) im Völkerrecht finden;
  4. die Konsequenzen einer gescheiterten Zwei-Staaten-Lösung aufzeigen.

Co-Autor Hugh Lovatt erklärt:

„Europa hat die Friedensverhandlungen innerhalb der Oslo-Abkommen über alles andere gestellt, einschließlich der Bemühungen zur Beendigung der Besatzung. Dabei hat Europa eine perverse Anreizstruktur geschaffen, die dazu beigetragen hat, die Besatzung und Israels Unterstützung zu zementieren. Flickschusterei wird den gefährlichen Weg nicht ebnen, den die beiden Konfliktparteien eingeschlagen haben. Und eine ‚palliative Versorgung‘ für Palästinenser wird die Region nicht langfristig stabilisieren.“

Co-Autor Omar Dajani fügt hinzu:

„Wenn Europa an seiner Überzeugung festhält, dass die Option einer Zwei-Staaten-Lösung ein strategischer und moralischer Imperativ ist, muss es bereit sein, diese Linie zu verteidigen. Auch wenn Israel weiterhin die politische Geographie und den demografischen Charakter der besetzten palästinensischen Gebiete unwiderruflich verändert.“

Der European Council on Foreign Relations vertritt keine gemeinsamen Positionen. ECFR-Publikationen geben lediglich die Ansichten der einzelnen Autor:innen wieder.