Todesopfer unter Kindern und in der Zivilbevölkerung in Gaza und Syrien

Eine vergleichende Analyse und Infografik zeigt, dass die internationale Aufmerksamkeit gegenüber der Situation in Gaza durchaus gerechtfertigt ist.

Der jüngste Konflikt in Gaza führte nach 50 Tagen des Kämpfens zu einer erschreckenden Gesamtzahl an Todesopfern: 2.104 Palästinenser, 69 Israelis und 1 Thailänder. Trotzdem wurde der unverhältnismäßig starke, internationale Fokus auf Gaza angesichts des Ausmaßes menschlichen Leidens in Syrien während der letzten drei Jahre von Manchen kritisiert. Der Konflikt in Syrien hat 191.369 Leben gefordert (dies sind die zuverlässigsten Zahlen, aber beziehen sich nur auf den Zeitraum vom März 2011 bis April 2014), was durchschnittlich 165 Tote am Tag bedeutet (verglichen mit 44 pro Tag in Gaza). Es mag dieser Kontrast des Ausmaßes gewesen sein, der dazu geführt hat, dass der israelische Minister für Wohnungsbau, Uri Ariel, sagte, dass Präsident Obama Israel in Ruhe lassen und sich auf Syrien konzentrieren sollte. Ariel war nicht der Einzige, der solche Gedanken aussprach.

Doch wie die vom ECFR zusammengestellte Infografik zeigt, scheint die internationale Aufmerksamkeit gegenüber der Situation in Gaza durchaus gerechtfertigt. Tatsächlich sorgt die Analyse der Anzahl der Todesopfer in Gaza und Syrien für zunehmenden Druck auf die Sprecher von Israels „Operation Protective Edge“.

 

 

 

Gazas Bevölkerung beträgt 1/12 derer von Syrien, sodass in diesem Verhältnis gesehen etwa 25.248 Syrer in den letzten zwei Monaten getötet worden wären. Relativ auf die deutsche Bevölkerungszahl umgerechnet würden das dann fast 100.000 Tote in 50 Tagen ergeben. Damit entwickeln die Zahlen ganz neue Schlagkraft. Während die Gesamtzahlen von Kämpfern in beiden Konflikten umstritten sind, deuten die Daten außerdem darauf hin, dass 70% der Todesopfer in Gaza Zivilisten waren (verglichen mit 6% in Israel und ungefähr 33% in Syrien).

Genauso erschreckend ist, dass die Zahl der Todesopfer unter Minderjährigen (also unter 18-Jährige*) in Gaza die in Syrien noch überschreitet. Eine vergleichende Analyse der von der UNO bereitgestellten Daten zeigt, dass durchschnittlich 7,6 syrische Kinder und 9,9 palästinensische Kinder pro Tag getötet wurden. Im Gegensatz dazu wurde ein israelisches Kind während des Konflikts durch palästinensisches Feuer getötet.

 

Solch eine vergleichbar hohe Zahl an Todesopfern unter Kindern in Gaza kann teilweise durch die Demografie des Landstriches erklärt werden. Kinder zwischen 0 und 14 Jahren machen einen größeren Teil der Bevölkerung in Gaza aus (ungefähr 44%) als in Syrien, wo sie nur 34% der Bevölkerung ausmachen. Ein weiterer Faktor war wahrscheinlich die Möglichkeit für Familien der Gewalt zu entfliehen. Während die Zahlen der Binnenvertriebenen (IDPs) in Gaza und Syrien weitgehend gleich sind, 27% beziehungsweise 28%, bedeutete die höhere Bevölkerungsdichte des Gazastreifens und die Schließung der Grenzen, dass Palästinenser weniger imstande waren sich von israelischen Angriffen zu distanzieren.

Es geht hier nicht darum zu vergleichen, welche Nation am meisten gelitten hat, und Aufmerksamkeit auf die Situation in Gaza zu richten sollte uns nicht von der Tragödie in Syrien ablenken, welche schließlich immer noch im Gange ist. Aber basierend auf den hier vorgestellten Daten scheint es, dass andauernde internationale Teilnahme an der Notlage der Zivilisten in Gaza gerechtfertigt ist.

 

* [Anmerkung der Redaktion] An manchen Stellen ist es unklar, ob die Daten der UNO für die Todesopfer unter Kindern die Definition für 0-18- oder 0-14-Jährige verwenden. Die Definition für „Kinder“ für die syrischen Zahlen liegt bei unter 18.

Der European Council on Foreign Relations vertritt keine gemeinsamen Positionen. ECFR-Publikationen geben lediglich die Ansichten der einzelnen Autor:innen wieder.